Swiss Medtech hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit Verwaltung und Politik ausgetauscht über die akuten Probleme und negativen Konsequenzen, welche die anhaltende Rechtsunsicherheit zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz für die Schweizer Medizintechnikindustrie mit sich bringt. Der Verband setzt sich dafür ein, dass die Branche lückenlos und barrierefrei Produkte im EU-Wirtschaftsraum in Verkehr bringen kann. Swiss Medtech hält es ebenso für seine Pflicht, den Herstellern alle Informationen zukommen zu lassen, die sie in ihre Geschäftsüberlegungen miteinbeziehen müssen, um so gut wie möglich auf den 26. Mai 2020 vorbereitet zu sein. In diesem Sinne informiert der Verband über den aktuellen Stand wie folgt:
- Die Rechtsunsicherheit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) im Zusammenhang mit dem Institutionellen Abkommen (InstA) hält an und betrifft die Schweizer Medizintechnik direkt.
- Solange das InstA nicht zustande kommt, werden mit der Schweiz keine neuen Abkommenabgeschlossen und keine bestehenden modifiziert (Johannes Hahn, European Commissioner for European Neighbourhood Policy and Enlargement Negotiations, Pressekonferenz vom 17. Dezember 2018).
- Darunter fällt auch das für die exportstarke Schweizer Medizintechnikindustrie bedeutende Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement, MRA).
- Am 26. Mai 2020 ist Geltungsbeginn der neuen EU-Verordnung über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR). Daraus ergibt sich die zeitliche Dringlichkeit nach Planungs- und Rechtssicherheit für die Branche.
- Dabei spielt die Auslegung des heutigen MRA für Schweizer Hersteller eine wesentliche Rolle. Aktuell sind drei Szenarien denkbar: (1) alle Medizinprodukte sind abgedeckt (best case), (2) MDR-Produkte sind nicht abgedeckt, (3) keine Medizinprodukte sind abgedeckt, weder MDR-Produkte noch Produkte mit einem Zertifikat nach der alten Regelung MDD (worst case).
- Im vergangenen April hat Swiss Medtech den Schweizer Herstellern empfohlen, sich auf das Szenario (2) vorzubereiten, dass sie ab 26. Mai 2020 gegebenenfalls die Anforderungen eines Drittstaates erfüllen müssen, um Produkte gemäss MDR in die EU exportieren zu dürfen. Das heisst, sie benötigen unter anderem einen Bevollmächtigten mit Niederlassung im EU-Raum und angepasste Produktelabels.
- Prüfstellen (Notified Bodies) fordern bereits heute von Schweizer Herstellern den Nachweis, dass sie die Anforderungen eines Drittstaates erfüllen.
- Die Stimmen in Europa – unter anderem aus Einheiten der EU-Kommission – mehren sich, wonach das MRA ab Mai 2020 für alle Medizinprodukte nicht mehr anwendbar ist (Szenario 3).
- Die MDR-Anpassung des Corrigendum II (Verlängerung der Übergangsfrist bis Mai 2024 für höher-klassifizierte Klasse I Medizinprodukte) entschärft die Situation in Bezug auf die Drittstaatanforderungen nicht. Je nach Auslegung des MRA, namentlich bei Szenario 3, müssen auch für die unter das Corrigendum II fallenden Produkte Drittstaatanforderungen erfüllt werden.