Seit Samstag ist eine neue EU-Verordnung in Kraft, welche besagt, dass EU-Mitgliedsländer die Ausfuhr von Schutzmaterialien in Länder ausserhalb der EU bewilligen lassen müssen. Das betrifft laut dieser Verordnung auch den Transitgüterverkehr und damit einige der für die Versorgung der Schweizer Spitäler systemrelevanten Artikel aus dem Sortiment «Medizinischer Schutzgüter». Aktuell nicht aus der EU in die Schweiz exportiert werden dürfen beispielsweise Operationshandschuhe, Masken und OP-Schutzkittel.
Mehrere EU-Länder hatten in den vergangenen Wochen den Export von Schutzmaterial verhindert. Deutschland blockierte etwa ein Lastwagen mit 240 000 Schutzmasken für die Schweiz. Daraufhin bestellte die Schweiz den deutschen Botschafter ein. In den letzten Tagen liefen die Verbindungen zwischen Schweizer Spitälern und den Herstellern heiss. Alle grossen Lieferanten informierten ihre Kunden, dass sie zur Zeit machtlos seien und sie aktuell nicht in die Schweiz liefern könnten.
Nach Verhandlungen des Bundesrates mit Brüssel, scheint die EU-Kommission durchzugreifen: Sie weist die Mitgliedsstaaten an, Exporte von Schutzmaterial an die Schweiz und andere EFTA-Länder nicht mehr zu blockieren. Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat den Durchbruch nach mehreren Kontakten mit EU-Handelskommissar Phil Hogan erreicht, wie er am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.
«Durchbruch gelungen, Brüssel weist EU-Länder an, Exporte von Schutzmaterial in die CH/EFTA nicht mehr zu blockieren!», schrieb er. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga bestätigte die Meldung ebenfalls auf ihrem Twitter-Profil.
Es fehlen bereits lebenswichtige Schutzgüter
Allerdings bleibt die Frage, ob in der aktuellen Notlage in Deutschland und Frankreich diese Länder die Anweisung von Brüssel auch befolgen und wie lange es dauert, bis die Lastwagen wirklich über die Grenze rollen können? Die Lage in den Schweizer Spitälern spitzt sich zu. Schon heute fehlen an vielen Orten ausreichend Schutzmaterialen. Eine aktuelle Umfrage von Medinside in den Spitälern belegt das. Ingesamt geben rund 20 Prozent der befragten an, dass an ihrem Arbeitsplatz nicht oder nicht immer genügend Schutzmaterialien vorhanden sind. Weitere rund 40 Prozent sagen, dass diese bei ihnen knapp seien.
Die Politik sollte den Durchbruch erst dann feiern, wenn die Waren endlich im Land sind.